Der Sinn - oder "warum denn jetzt da runter latschen und nicht zum Feringa-See und Abends dann auf der Leopoldstrasse sitzen und evtl sogar noch etwas früher und beim Spanier in der Happy-Hour ein Cocktail schlürfen"

München, 14. Juli 2001 (mz/g-IwK-z/nso/iso) - Es ist das Andere, das Schlimme, die Erfahrung, eine Kalibrationshandlung, denn der Mensch denkt nur dualistisch...

"Der Mensch" sagt German, "denkt dualistisch: Wandern und Leben". Irgendwas mit "Aufarbeiten", aber Manuela darf nichts sagen, da sie sich nicht traut, den Haussegen ungerade hängen zu lassen.

"Da sprechen dann die Photos, das 'Vorher' und 'Nachher'" Nükhet's Motivationen scheinen bodenständiger zu sein, "Natur, Erholung, Abschaltung und die Gerüche" Sehr bodenständig. German wundert sich natürlich, warum es besser ist, als in der Badewanne Duftbäder zu verwenden, mit der entsprechenden Note Korsischer Düfte. Klar, das fragen wir uns alle, obgleich natürlich dann ja auch immer das Telefon klingelt oder irgendjemand einem rausklingelt, unerwünschte Verwandte, Leute, die was von einem wollen -- obwohl, wenn man das passende Werkzeug in Form von Handies, etc., mitnimmt, kann man natürlich sich auch vor Ort sehr wohl und heimisch fühlen.

"Sowas haben wir noch nie gemacht und ausserdem mussten wir uns nicht mit dem Sinn auseinander setzen", wirft Manuela in den Raum. "Du hast Dich an dem Abend des Vorschlags ja auch nicht gewehrt", setzt sie fort. German widersteht diesem Vorwurf a la "Ich wurde überrumpelt", aber was solls.

Die Sinn-Diskussion wandert immer schnell (komischerweise) zu Unterhöschen -- wie kommt es, dass es für die Leute interessanter ist, über Unterhöschen anderer Damen und Herren zu diskutieren als über den Sinn einer so interessanter Unternehmung wie den GR20 zu viert mit Unfreiwilligen zu durchqueren? Vielleicht liegt es daran, dass wir alt werden?

Vielleicht liegt es einfach daran, dass der Weisswein immer noch lauwarm ist und nur der Sekt kalt. Ich, Euer unwürdiger Berichterstatteter, nehme üblicherweise Whisky, denn da kann man von der Temperatur unabhängig agieren.

"Ich bin heute 30 Km gefahren", natürlich mit Fahrrad, alles mit dem Fahrrad. German fährt niemals mit dem Auto in der Stadt! Nie! German muss man sich eigentlich als die Reinkarnation von Churchill vorstellen -- der einzige Unterschied dürfte sein, dass Churchill immer eine Zigarre im Mund hatte und in England einen Krieg gewonnen hat und German nicht (ich meine in England eben keinen Krieg gewonnen). Zumal er nicht mal den Krieg gegen die Sektflasche zu gewinnen sich traut, da er die Flasche an Sinje, seine diesbezügliche Sparringspartnerin weitergibt.

Das ganze erinnert mich an den Film "Monthy Python - Der Sinn des Lebens", das damit endet, dass eine Fernsehansagerin sagt: "Seien Sie nett zu Ihren Nachbarn, hilfsbereit, geniessen Sie das Leben, etc... Sie wissen schon, das übliche".

Auch DNA (Douglas N. Adams) hat etwas zum "Sinn" zu sagen: "Die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, des Universums und des ganzen drum herum ist... Es wird Euch nicht gefallen... ist... wirklich, Ihr werdet es nicht mögen... 42.". Er ist mit 49 gestorben, ruhe er in Frieden.

Stecken mit dreifacher, einstellbarer Stärke scheinen zum Sinn beizutragen, obgleich mir der Zusammenhang nicht aufgeht. Anscheinend war es aber eine recht lange Diskussion, den Verkäufer davon zu überzeugen, dass man genau diese Stecken braucht, dass man ja, wirklich, über Schnee/Eis läuft und dass die Strecke, die man gehen will eben nicht die Hohenzollernstr. in Schwabing ist und man daher wirklich diese besonders guten Stecken haben möchte und nicht die billigen für 2-Mark-fuffzig. Er wollte wirklich die billigeren Stecken aufschwatzen, aber die Käufer konnten den Verkäufer davon überzeugen, dass die teureren wirklich besser sind.

Eigentlich ist German ein verkappter Japaner1, der die Welt immer zweidimensional sieht, da ein Auge ununterbrochen von einer Kamera bedeckt ist. Er lebt zweidimensional, ich glaube, ein Besuch in IMAX-3D wäre rausgeschmissenes Geld, da er die dritte Dimension noch nie erblickt hat. Tausende und abertausende von Dias und Fotos sind Zeugen dieses traurigen Daseins, dieses unglaublichen, einsamen, eben -- zweidimensionalen Daseins.

Ich muss hier zu seiner Verteidigung natürlich sagen, dass ich als Euer ergebener, nichtswürdiger Berichterstatter am längeren Hebel sitze -- oder vielmehr halt am Notebook (PowerBook G4 um genau zu sein ;-) und daher die Berichterstattung mitunter recht einseitig ausfallen kann, aber da ich ja ein objektiver Berichterstatter bin, würde ich Vorwürfe dieser Art als Verleumdung bezeichnen.

Manuela behauptet, teils zu recht (im Falle German) teils zu unrecht (in meinem Falle), dass German und ich gewisse Ähnlichkeiten haben: German, so sagt sie, ist mit der Kamera auf die Welt gekommen, was natürlich sein wahrscheinlich übernatürlich hohes Geburtsgewicht von 9 Kg erklärt -- 4 Kg German, 5 Kg Kamera. In meinem Falle, so führt sie zu unrecht weiter aus, war es eher ein Notebook. Obgleich ich mich frage, wie ein ganzes Notebook damaliger Zeit (immerhin war ein Rechner in 1969 im Schnitt etwa 20-50 Tonnen schwer und entsprechend gross) ... naja, Ihr wisst schon.

Bleiben wir beim Sinn. Wie, so fragen wir uns immer wieder, kommen Menschen mit einem gesunden Menschenverstand (vorausgesetzt natürlich, sie haben einen gesunden Menschenverstand) auf die Idee, sich einer solchen Tortour zu unterziehen? Noch dazu freiwillig? Noch dazu in ihrem Urlaub? Noch dazu in der Blüte ihres Lebens? Noch dazu diese Entscheidung treffen, ohne vorher mindestens 5 Flaschen billigen Whiskey (pro Person) intravenös einzunehmen. Wie? Was treibt Menschen, die eigentlich sonst einen recht vernünftigen Eindruck vermitteln, die keine kleinen Kinder schlagen, kein Roth Händle rauchen, eigentlich überhaupt recht vernünftig leben und handeln, -- ja was treibt solche Menschen dazu, sich so daneben zu benehmen? Wo ist der Sinn, was der Gedanke hinter so einer Entscheidung? Sie spielen noch nicht mal Lotto (naja, nicht so oft, zumindest 50% Leute spielen kein Lotto).

"Jaja, die Fragen zu formulieren, das ist, ... der Fragen sind genug formuliert, wir wollen jetzt Antworten sehen. Natur und Gerüche, dass das Telefon nicht geht, das ist doch kein Argument. Das kann man rausstecken. Ausserdem, Nükhet, Deine Argumentation steht auf wackeligen Beinen." führt German aus. Manuela fügt natürlich zu Recht hinzu, dass diese Begründung, wenn wir schon hier schon so eine Spannung mit unseren tiefschürfenden Fragen aufgebaut haben, diese Begründung also "Natur und Gerüche" nicht spannungslösend genug ist. Das ist eine Enttäuschung für jeden Leser, der es geschafft hat, sich bis hierher durch diesen Wust an Unsinn und Unfug durchzukämpfen. Jetzt kommt der verehrte Leser endlich an diesem Absatz an und was liest er? "Natur und Gerüche und dass das Telefon nicht geht". Das muss man Manuela natürlich zugestehen, das wäre ein sehr schwaches Ende dieser Geschichte.

Fragt sich in diesem Zusammenhang, warum Sinje nicht auf die Idee gekommen ist, auf den GR20 zu hatschen. Die Antwort liegt natürlich auf der Hand: Sinje hat sich bereits genügend schwere Prüfungen in ihrem Leben auferlegt, so schwere, dass ein Projekt "GR20 in 4 Tagen" wie ein kleiner Spaziergang klingt.

Selbstverständlich kann man natürlich sagen, dass wir den Kaiserschmarr'n auf dem Kranzberg nie entdeckt hätten, wenn wir uns nicht für den GR20 entschieden hätten. Aber, wie German "zu Recht" ausführt, ist die Gemeinsamkeit des GR20 mit dem Kranzberg beschränk auf die, ich zitiere: "ersten beiden Buchstaben". Halt, halt, nicht sofort mir eine Mail schicken, das zeugt einfach nur von den Vergleichsfähigkeiten von German, nicht meinen. Euer unwürdiger Berichterstatter hat es so wiedergegeben, wie German es ausgesprochen hat.

"Der Mensch unterscheidet sich von Vieh dadurch, dass er Dinge tut, die er nicht tun braucht", begründet German den Sinn des Ganzen. Ich hoffe natürlich inbrünstig, dass es nicht der einzige Unterschied zwischen Menschen und Vieh ist, obgleich mir bei manchen Zeitgenossen diesbezüglich sehr starke Zweifel kommen.

"Einen Esel mit reifen Feigen totwerfen" - das scheint der wirkliche Sinn für Nükhet zu sein, zumindest äusserte sie tatsächlichen den Wunsch, dies in Korsika zu tun. Ich hoffe, dass sie es in Wahrheit als Zitat wiedergibt und nicht ernst meint, da diplomatische Zwischenfälle das letzte wären, dass wir in Korsika zu erzeugen beabsichtigen. Zumal es sehr schwer sein dürfte, zu der Zeit auf dem GR20 genügend reife Feigen zu finden.

Der Weg ist das Ziel. Klingt das nach einem guten Sinn? Abgedroschen, oder? Aber uns fällt tatsächlich nichts besseres ein. Zumindest bis jetzt, vielleicht, wenn wir noch ein paar Wein, Whisky, und weitere Flüssignahrungsmittel zu uns nehmen, kommen wir auf interessantere Aspekte wie die Reise zum Selbst oder Eins-Werden-mit-der-Natur oder sogar Der-Hektik-des-Stadtlebens-entfliehen.

So wie es aussieht, gibt es hier auf jeden Fall noch eine Fortsetzung...

München, 14. Juli 2001

1: Mit dieser Fussnote möchte ich mich bei allen Japanern für den obigen Satz entschuldigen, denn ich würde mich auch ungern vergleichen lassen!
Zitate: Alle Zitate (einen Esel mit reifen Feigen totwerfen, etc.) sind aus der Pflichtlektüre für alle Korsika-Besucher: Asterix auf Korsika. Copyright © DARGAUD S.A. EDITEUR Paris - 1961 - von Goscinny und Uderzo

Copyright © 2001 The GR20-Team
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